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April 29th, 2012 at 18:12

Gelangensbestätigung als neues Handelshindernis

in: Recht

Die neuen Nachweispflichten für umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen stellen die Unternehmen vor enorme Probleme.

„Seit Januar 2012 gelten für umsatzsteuerfreie Ausfuhrlieferungen und innergemeinschaftliche Lieferungen neue Nachweispflichten“, sagt Diplom-Finanzwirt Matthias Winkler, Steuerberater und Fachberater für internationales Steuerrecht bei der Kanzlei SH+C. Für Warenlieferungen ins EU-Ausland wurden alle bislang geltenden Nachweismöglichkeiten per Rechtsverordnung abgeschafft und durch einen einzigen Beleg ersetzt, die sogenannte Gelangensbestätigung. Dabei handelt es sich um eine Bestätigung des Abnehmers, dass er die Ware an einem bestimmten Tag und Ort erhalten hat. Das mag einfach klingen, aber in der Praxis führt die neue Nachweispflicht zu Schwierigkeiten für die Unternehmen und erschwert den EU-Binnenhandel, wie der DIHK festgestellt hat.

„Die Gelangensbestätigung ist im Ausland oft unbekannt“, erläutert SH+C-Steuerexperte Winkler. Die Unternehmen müssen daher befürchten, dass der Abnehmer sie deswegen häufig zunächst nicht unterschreiben wird. Zudem kann es passieren, dass der Empfang der Ware von einer anderen Person als dem Abnehmer quittiert wird und die Finanzverwaltung diese Unterschrift dann nicht als Gelangensbestätigung anerkennt.

„Verstärkt wird das Problem dadurch, dass es das Muster lediglich in deutscher, englischer und französischer Sprache gibt“, meint Winkler. Ob ein tschechischer, estnischer oder portugiesischer Abnehmer eine Bescheinigung in einer dieser Sprachen unterschreibt, ist nicht sicher. Und bei der Vielzahl von deutschen Warensendungen ins EU-Ausland ist es für den liefernden Unternehmer ein erheblicher Aufwand, sicherzustellen, dass alle Abnehmer die Gelangensbestätigung korrekt ausfüllen.

Noch größere Probleme ergeben sich bei Reihengeschäften: Liefert etwa ein deutscher Unternehmer im Auftrag seines russischen Kunden eine Ware per Spedition an dessen Abnehmer nach Belgien, stellt sich die Frage, wer die Gelangensbestätigung unterschreiben muss. Abnehmer des deutschen Unternehmens ist der Russe. Der kann jedoch nicht bestätigen, ob und wann die Ware tatsächlich in Belgien angekommen ist. „Zwischen dem deutschen Unternehmer und dem belgischen Endkunden bestehen aber keine vertraglichen Beziehungen“, weist Steuerberater Winkler auf die Problematik hin. Abhilfe schaffen würde in diesen Fällen die Rückkehr zur bisherigen Spediteurbescheinigung, bei der der beauftragte Spediteur bestätigt, wann er seine Ware bei wem abgeliefert hat. Schließlich hat der die Spedition beauftragende Lieferer nur darauf direkten Einfluss.

„Wegen dieser Schwierigkeiten mit der neuen Gelangensbestätigung hatte die Finanzverwaltung zunächst eine dreimonatige Gnadenfrist gewährt: Bei Lieferungen bis Ende März 2012 hat der Nachweis anhand der Spediteurbescheinigung keine negativen Auswirkungen“, erklärt SH+C-Steuerberater Matthias Winkler. Angesichts der massiven Kritik nicht nur des DIHK sondern beispielsweise auch des Instituts der Wirtschaftsprüfer wurde die Gnadenfrist nun für innergemeinschaftliche Lieferungen zumindest um drei Monate verlängert. Wichtig ist aber, dass die verlängerte Übergangsfrist nicht für steuerfreie Ausfuhrlieferungen außerhalb der EU gilt – hier bleibt es beim bisherigen Ende der Übergangsfrist zum 31. März 2012.

Der DIHK („Thema der Woche“ vom 12. Januar 2012) fordert jedoch, dass auch darüber hinaus ein Nachweis durch die Spediteurbescheinigung und weitere bislang zugelassene Belege möglich sein soll. Um Rechtssicherheit zu schaffen, müssen Bund und Länder die Umsatzsteuer-Durchführungsverordnung wieder ändern. Andernfalls wird der EU-Binnenmarkt, der den Handel zwischen den Mitgliedstaaten erleichtern soll, für deutsche Unternehmen mit neuen, vermeidbaren Hürden belastet.

quelle: openPR

 

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