Budoten Intranet

November 7th, 2022 at 10:41

Die Rolle der Führungskraft im Arbeitskräftemangel in drei Akten: Recruit. Lead. Retain. And: Repeat …

Hast du als Führungskraft aktuell offene Positionen im Team, die dringend besetzt werden sollten? Keine Sorge, wenn du die Frage mit „Ja“ beantwortest, bist du in bester Gesellschaft.

Dass es schwierig ist, passende Kandidat:innen zu finden, ist nichts Neues – der Fachkräftemangel macht sich seit Jahren in vielen Branchen bemerkbar. Aber die Personalsituation hat sich in vielen Unternehmen und Teams 2021 extrem verschärft. Laut Bundesagentur für Arbeit wurden im Oktober des vergangenen Jahres 1,2 Millionen Arbeitskräfte gesucht, davon zwei Drittel Fachkräfte.

Eine aktuelle Studie, die XING in Kooperation mit dem Meinungsforschungsinstitut Forsa durchgeführt hat, kommt zu dem Schluss, dass 37 Prozent der Beschäftigten in Deutschland darüber nachdenken, den Job zu wechseln. Das sind ganze 12 Prozent mehr als noch vor einem Jahr. Was manche:r noch alarmierender empfinden wird: Im deutschsprachigen Raum kündigt jede:r Vierte sogar, ohne eine neue Stelle zu haben!

Das alles führt dazu, dass wir einen ausgeprägten Arbeitnehmer:innen-Markt erleben: Viele Berufsgruppen können sich das Unternehmen, für das sie arbeiten wollen, aussuchen. Die Verhältnisse haben sich gedreht: Nicht der oder die Arbeitnehmer:in sucht einen Job. Sondern die Unternehmen sind die, die suchen (müssen).

Klingt alles nicht so positiv, ich weiß. Auch ich war in den vergangenen Monaten immer wieder frustriert aufgrund der Situation. Aber, hey: Ob wir es wollen oder nicht, der Arbeitsmarkt wird sich bis 2030 nicht ändern. Mein persönliches Learning: Als Führungskraft muss ich mehr Verantwortung übernehmen und Prozesse selbst gestalten. Ich kann nahbar und erreichbar sein und dadurch einen USP ausmachen. Ich habe das für mich persönlich als Dreiklang definiert, der sich immer wiederholt: Recruit, Lead, Retain. Und Repeat. (Disclaimer: Das bedeutet nicht, dass bei uns im Team alles brillant läuft. Aber es hilft mir, wenn ich den Prozess steuern kann.)

  1. Recruit

Meiner Erfahrung nach ist es sinnvoll, als Führungskraft den Recruiting-Prozess mitzugestalten und ihn nicht auf das HR-Team (HR = Human Resources) „abzuwälzen“. Das bedeutet:

HR professionell und rechtzeitig briefen (heißt mindestens sechs Monate vor dem gewünschten Starttermin der neuen Person).
Das eigene Netzwerk pflegen und Kontakt halten (vor allem junge Menschen entscheiden sich nicht nur für oder gegen einen Job, sondern auch für oder gegen eine Führungskraft).
Empfehlungen aus dem Team gezielt triggern und incentivieren.
Die Candidate-Experience positiv gestalten. (Remember: DU bist auf der Suche, die Kandidatin/der Kandidat schaut sich eventuell nur um).

Tipp: Wir haben uns darauf eingestellt, den Recruiting-Prozess an den Bedürfnissen der Kandidat:innen auszurichten. Das bedeutet unter anderem, dass wir persönlich und individuell in Kontakt treten und den potenziellen Kandidat:innen die Möglichkeit geben, das Team, den Job, die Kultur kennenzulernen, bevor wir den Prozess starten. Das ist zu Beginn sehr zeitintensiv, macht den eigentlichen Rekrutierungsprozess jedoch viel effizienter und erfolgreicher.

  1. Lead

Mehr denn je sind Leadership-Skills gefragt. Der Hauptgrund für Kündigung ist das Verhalten der Führungskräfte im eigenen System. Gerade in Zeiten von Homeoffice brauchen Menschen engen Austausch und Sparring. In unserem Team haben 20 neue Kollegen und Kolleginnen in den vergangenen zwei Jahren größtenteils remote gestartet. Dabei sind ein gutes Onboarding und ein enger Austausch zentral wichtig, vor allem zu Beginn. Das kostet Zeit – aber es zahlt sich aus, versprochen.

Gib neuen Kollegen und Kolleginnen die Möglichkeit, möglichst schnell die Kultur im Unternehmen und im Team kennenzulernen. Um anzukommen, ist es wichtig, zu wissen, wer wie tickt, wie miteinander kommuniziert wird – ein Gefühl für den Stallgeruch zu bekommen. Während der Pandemie können neue Teammitglieder all das nicht automatisch aufsaugen, sondern brauchen dafür Support. Du als Teamlead bist gefragt, Lösungen zu entwickeln. Meiner Erfahrung nach ist es wichtiger denn je, als Führungskraft im engen, informellen Austausch mit neuen Leuten zu sein. Gerade auch mit Blick auf die mentale Gesundheit jedes einzelnen. Ein Buddysystem innerhalb des eigenen Teams kann auch helfen, neuen Kollegen und Kolleginnen den Einstieg auch im Homeoffice zu erleichtern.
Als Führungsarbeiter verstehe ich mich als Mentor für meine Kolleg:innen. Sie sollen die Möglichkeit haben, sich weiterzuentwickeln und im besten Fall über sich hinauszuwachsen. Um den Weg in diese Richtung zu ebnen, sollten die Ziele und Erwartungen glasklar formuliert und greifbar sein.
Vielen Millennials ist es wichtig, etwas Sinnstiftendes zu tun. Unsere Vision bei NEW WORK SE ist es, mit an einer Arbeitswelt zu arbeiten, in der Menschen sich selbst verwirklichen und ihre Potenziale entfalten. Es ist großartig, für ein Unternehmen zu arbeiten, dass die Arbeitswelt für alle besser gestalten will, und dieses Ziel treibt uns alle an. Dennoch ist der Arbeitsalltag nicht immer ein Wunschkonzert. In jedem Team, auch bei uns, gibt es Dinge, die zum Arbeitsalltag dazugehören und die erledigt werden müssen. Als Teamlead haben wir die Aufgabe, auch solche Brot-und-Butter-Aufgaben in ihrer Wichtigkeit und Priorität zu erkennen. Was du machst, macht einen Unterschied. Egal ob es um die Pflege der Kontaktdatenbank geht oder um die Erstellung einer inspirierenden Präsentation: Your job makes a difference.

Tipp: High-Performance-Teams (nicht: High-Performance-Einzelkämpfer) sind nicht nur wegen ihrer Leistungsbereitschaft erfolgreich. Exzellente Teamergebnisse werden immer auch getragen durch gegenseitiges Vertrauen und die Tatsache, dass man sich aufeinander verlassen kann. Trau dich, das als Teamlead vorzuleben. Versuche, nicht zu warten, bis sich der oder die Neue bewiesen hat. Vorschussvertrauen ist manchmal schwer auszuhalten, aber es gibt deinen Teammitgliedern die Möglichkeit, über sich hinauszuwachsen.

  1. Retain

Es wird immer schwieriger, neue Kolleg:innen zu finden. Und ja: In Zeiten von Great Resignation wird es auch immer schwerer, Leute zu halten. Die Zeiten, in denen Menschen ihr komplettes Arbeitsleben bei einem Unternehmen verbracht haben, sind vorbei (und das ist auch gut so). Dennoch brauchen Teams eine gewisse Stabilität, um zu funktionieren. Mein persönliches Ziel ist, dass jeder Kollege/jede Kollegin mindestens zwei Jahre im Team bleibt und wir ihm/ihr langfristige Karrierewege anbieten können.

One Size fits one: Jeder hat individuelle Erwartungen und Wünsche an die Karriere. Bei NEW WORK SE gibt es daher keine standardisierten Karrierewege. Wir machen individuelle Entwicklungspläne, immer im engen Austausch mit dem Menschen.
Bei uns im Team hat eine Kollegin mittlerweile eine Sonderrolle als Feelgood-Managerin, selbst entwickelt und neben dem Tagesgeschäft. Gerade jetzt in Zeiten von Corona hat sie damit eine wichtige Rolle: Die Planung gemeinsamer Dinner, Teamevents oder emotional wirksamen Nudges hat für mich hohe Priorität. In Zeiten von Homeoffice sind persönliche Treffen schwer zu organisieren. Aber es lässt sich immer ein Workaround finden. Wir haben zum Beispiel das Tool „Icebreaker“ für uns entdeckt. Macht Riesenspaß und ermöglicht Deep Talk. Ich bin auch ein großer Fan von Workation-Events, also Aktivitäten, bei denen gemeinsamer Spaß mit Arbeitsthemen kombiniert wird.

Tipp: Hire for potential and trustworthyness. Expertise und Erfahrung sind wichtig. Keine Frage. Wir alle wollen Kolleg:innen und Teams, die wissen, was sie tun. Die eierlegende Wollmilchsau ist selten. Achte auf Potenzial. So planst du Weiterentwicklung direkt mit ein. Am wichtigsten aus meiner Sicht: Stelle Menschen ein, denen du vertrauen kannst. Denn als Team meistert ihr jede Aufgabe. Und habt dabei noch eine gute Zeit.

  1. And … Repeat ??

Ja, richtig gelesen. Auch die beste Führungskraft kann nicht verhindern, dass Menschen sich außerhalb des Unternehmens weiterentwickeln möchten. Es geht lediglich darum, die ersten drei Akte möglichst lang und wirksam zu gestalten, aber der Kreislauf wird sich immer wiederholen. Spoiler: Auch ich muss die Frage, die ich zu Beginn des Textes gestellt habe, mit „Ja“ beantworten. 😉

Quelle

 

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